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Neurodermitis

Die Neurodermitis bzw. atopische Dermatitis ist eine chronisch persistierende bzw. chronisch rezidivierende Hauterkrankung. Sie ist nicht ansteckend, jedoch wird die Abheilung oft durch eine Superinfektion der Haut erschwert. Die Neurodermitis geht meist mit quälendem Jucken einher. Es handelt sich um eine multifaktorielle Hauterkrankung, die aufgrund anlage- und umweltbedingten Faktoren steht, unterhalten oder aktiviert wird. Die atopische Dermatitis ist Teil des atopischen Formenkreises. Dazu gehören zusätzlich das allergische Asthma und der Heuschnupfen.

Medizinische Hintergründe & Indikationen

In Abhängigkeit des Alters der betroffenen Menschen unterscheidet sich die Topographie und Morphologie der Erkrankung. Während die Hauterscheinungen im Säuglingsalter wenig charakteristisch und eher diffus verteilt sind, zeigen sich im Kleinkindesalter eher lokalisierte und im Schulkindesalter typische bevorzugt die Beugen der Extremitäten betreffende Ekzemherde. Oft ist das Auftreten wechselhaft und saisonal bedingt unterschiedlich stark ausgeprägt. Im Erwachsenenalter zeigt sich eine große Variabilität der Hauterscheinungen – von lokalisierten Minimalvarianten wie Lidekzemen oder lokalisierte Beteiligung der Hände und des Genitale hin zu großflächigen Formen mit charakteristischer Beteiligung der Beugen aber auch weitgehend der gesamten Körperoberfläche (Erythrodermie).

In Industrieländern ist das atopische Ekzem mit ca. 10-20% aller Kinder die häufigste chronische Erkrankung überhaupt. Im Erwachsenenalter sind ca. 1-5% betroffen. Das atopische Ekzem nimmt weiterhin in der Häufigkeit des Auftretens zu. Ca. 70% der Betroffenen zeigen erste Symptome im Säuglingsalter, meist nach dem 3. Lebensmonat. Aber auch Spätmanifestationen im Erwachsenenalter sind keine Seltenheit. In der Schwangerschaft kann es zu einem Schub der Erkrankung kommen.

Die Ausprägung der Ekzeme unterscheidet sich in Abhängigkeit des Alters und vor allem der Akuität der Erkrankung. Die Ekzemherde variieren von nässenden roten Plaques bis hin zu einer blassen, trockenen, unterschiedlich stark schuppenden und – aufgrund des Juckens – meist zerkratzten Haut. Charakteristischerweise kommt es zu plötzlichem, aber auch dauerhaftem, quälenden Juckreiz, der sich beim Schwitzen häufig verstärkt. Viele Atopiker zeigen eine Wollunverträglichkeit.

Verlauf

Aufgrund der gestörten Hautschutzbarriere kommt es gehäuft zu (schwer verlaufenden) viralen und bakteriellen Infektionen wie z.B. Eczema herpeticatum (ausgelöst durch das Herpes simpex Virus) oder molluscatum (ausgelöst durch das Virus Molluscum contagiosum – Dellwarze) sowie der Pyodermie bzw. der Superinfektion von Ekzemherden.

Oft kommt es zum Auftreten weiterer allergisch bedingter Erkrankungen wie dem allergischen Asthma und allergischer Rhinokonjunktivitis sowie Kontakt- und Nahrungsmittelallergien, die ebenfalls zu einen Schub der Neurodermitis führen können.

Das Auftreten und auch die Schwere einiger Autoimmunerkrankungen ist bei Neurodermitis erhöht. Dazu gehören zum Beispiel die Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und Alopecia areata (kreisrunde Haarausfall). Psychosomatische Komorbiditäten treten ebenfalls gehäuft auf.

Behandlung

Die Behandlung der Neurodermitis erfolgt durch eine Stufentherapie. Die Stufentherapie richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. Die Schwere der Neurodermitis wird – in Anlehnung an die Psoriasis – gemessen durch den DLQI (Dermatologic Life Quality Index) und den EASI (Eczema Area und Severity Index).

Bei trockener Haut (Stufe 1) steht die Basistherapie im Vordergrund zur Vermeidung bzw. Reduktion von Triggerfaktoren. Beim Auftreten leichter Ekzeme (Stufe 2) kommt der Einsatz leichter bis mittelstarker, moderner Kortisonpräparate und / oder Calcineurin-Inhibitoren zum Einsatz. Treten moderate Ekzeme (Stufe 3) auf, werden entsprechend stark wirksame, moderne Kortisonpräparate zumindest kurzfristig eingesetzt. Kommt es zu anhaltend und schwer ausgeprägten Ekzemen bzw. bleibt eine Besserung durch die Behandlung mit topischen (auf die Haut aufgebrachte) Kortisonpräparate aus (Stufe 4), so ist die Indikation für die Behandlung mit einer Systemtherapie gegeben.

Im Allgemeinen müssen die folgenden Merkmale bzw. Ursachen behandelt oder zumindest bei der Therapie beachtet werden:

Hauttrockenheit (Xerosis cutis)

Überhöhte Beheizung der Wohnräume vermeiden, Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, optimale Belüftung der Räume. Aufgrund des reduzierten Alkalineutralisationsvermögens sollte der Gebrauch von Seifen, Wasch- und Spülmitteln auf ein Minimum reduziert werden. Empfehlenswert sind rückfettende bzw. feuchtigkeitsspendende Waschlotionen mit beispielsweise Urea pura und Glycerin. Mittlerweile gibt es moderne Pflegeprodukte, die die (fehlenden) Komponenten der Hautschutzbarriere stärken bzw. ersetzen

Schwitzen

Die reduzierte Schweißbildung führt durch hohe Außentemperaturen und bei körperlicher Belastung, aber auch in Stresssituationen zu einem Wärmestau und teils extremen Hautjucken.

Sonne und UV-Exposition

Natürliche und künstliche UV-Exposition verbessert im Allgemeinen das atopische Ekzem. Im Verlauf der Erkrankung können die Betroffenen allerdings eine erhöhte UV-Empfindlichkeit entwickeln, was zu einer Verschlechterung der Haut durch UV-Exposition führt. Bei der UV-Exposition muss immer eine Risiko-Nutzen-Einschätzung hinsichtlich der Entstehung von bösartigen Hauttumoren erfolgen. Wir empfehlen grundsätzlich auf die Nutzung kommerzieller UV-Exposition (Solarium etc.) zu verzichten.

Zu beachten

Die Klimatherapie ist die wirksamste und nebenwirkungsärmste Maßnahme zur Besserung der Krankheitserscheinungen vor allem Hochsee- (z.B. Borkum, Norderney oder Sylt) oder Hochgebirgsreizklima (Höhenlage über 1500 m, z.B. Davos), vor allem im Frühjahr und Herbst. Die Therapie sollte mindestens vier Wochen durchgeführt werden. Die Antragsstellung erfolgt bei den Krankenversicherungen oder Rentenversicherungen.

Häufige Fragen Neurodermitis

Inwiefern unterscheidet sich die Verteilung der betroffenen Haut in Abhängigkeit des Alters?

  • Säuglingsalter: Gesicht, Rumpf, Streckseiten (!) der Extremitäten; Windelbereich bleibt frei.
  • Kindheit, Jugend: Beugenekzeme – Ellenbeugen und Kniekehlen vor allem betroffen.
  • Erwachsenenalter: Ellenbeugen, Kniekehlen, Gesicht, Brust- und Schulterbereich, Handrücken. Auch Minimalvarianten sind häufig möglich (siehe oben).

Schränkt die Neurodermitis meine Berufswahl ein?

Es gibt Berufe, die eher ungeeignet sind für Menschen mit einer ausgeprägten Hautbarrierestörung wie bei der Neurodermitis. Zu diesen gehören Berufe mit intensivem Kontakt zu Wasser, Waschmitteln, Ölen, Fetten, Bohrwasser, Desinfektionsmitteln, Klebstoffen, Leder, chemischen Produkten, Tieren, Mehl und Stäuben. Stattdessen sind trockene, saubere Berufe empfehlenswert.

Welchen Einfluss hat die Wahl der Kleidung auf die Neurodermitis?

Das Tragen von atmungsaktiver Kleidung, locker gewebter Baumwolle oder auch Textilien aus Seide wird oft als angenehm empfunden. Das Meiden von tierischen Materialien (Wolle, Felle), unebenen rauen Stoffen, aber auch Materialien aus atmungsinaktiven Kunstfasern wird empfohlen.

Einige Produkte haben eine antimikrobielle Komponente, wodurch das Risiko der Superinfektion von Ekzemherden reduziert werden kann. Einen hemmenden Einfluss auf die Staphylokokken-Besiedlung der atopischen Haut scheinen silberbeschichtete Textilien zu haben.

Welchen Einfluss haben Allergien auf die Neurodermitis?

Bei einer Pollensensibilisierung kann die Haut mit Ausbildung eines Ekzems (Typ IV-Reaktion) auf bestimmte Pollen reagieren. Empfehlenswert ist das Anbringen von Pollenschutzfiltern an die Fenster, das Auftragen einer Schutzcreme vor Verlassen der Wohnräume sowie das Abduschen nach der Rückkehr und Meiden des Lüftens während der Nacht (höchster Pollenflug um 4 Uhr morgens).

Bei einer Hausstaubmilbenallergie ist das Entfernen sogenannter Staubfänger (Teppich, Gardinen, Plüschtiere u.a.) sinnvoll. Ein Encasing mit speziellen Milben-abweisenden Bezügen ist oft hilfreich. Auf Reisen kann ein Milben-abweisenden Schlafsack das Encasing ersetzen. Die Belastung der Innenräume kann durch die Nutzung von Luftreinigern reduziert werden.

Wenn der Einfluss der Allergien auf die Haut stark belastend ist, kann eine Hyposensibilisierung zu einer Besserung führen. Der Nutzen einer Hyposensibilisierung wird jedoch kontrovers diskutiert, da die Auswertung mehrerer Studien keinen Nutzen für das atopische Ekzem nachweisen konnte. Entsprechend ist eine Hyposensibiliserung allein aufgrund eines atopischen Ekzems ohne behandlungsbedürftige allergische Rhinokonjunktivitis nicht zugelassen.

Sollte ich auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten?

Pauschaldiäten sind zu meiden! Nahrungsmittel sollten nur dann gemieden werden, wenn ein eindeutiger klinischer Verdacht besteht d.h. nach Identifikation allergologisch relevanter Allergene und entsprechender Testung (Reibe-, Prick- und Rast-Test), Auslass- und Provokationsdiät. Die Relevanz des Allergens sollte alle 2 Jahre erneut untersucht werden.

Das Wichtigste für die Ernährung ist die Selbsterfahrung des Patienten mit seiner Erkrankung!

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